Das Thema Digitalisierung ist auch in den Personalabteilungen der öffentlichen Hand angekommen und viele Organisationen lösen papierbasierte HR-Prozesse durch effiziente, digitale Lösungen ab. Mit KIDICAP® bietet GIP seit 1996 eine Personalwirtschaftssoftware speziell für staatliche, öffentliche und soziale Arbeitgeber in der Bundesrepublik. Um die hohe Dynamik an Tarifen, rechtlichen Vorschriften und Nutzererwartungen abzubilden, entwickelt GIP die APP-Plattform in agilen Teams mit derzeit rund 180 Mitarbeitenden – in Zeiten des Fachkräftemangels eine wachsende Herausforderung für das Offenbacher Softwarehaus. Wir begleiten GIP bei der Organisationsentwicklung und unterstützen sowohl mit Beratung und Coaching als auch mit operativer Manpower in verschiedenen Interimsrollen.
Ulf Buchholz GIP GmbH

Interviewpartner:
Ulf Buchholz
Geschäftsführer GIP GmbH
https://www.gipmbh.de/

Herr Buchholz, GIP arbeitet seit etwa zehn Jahren agil. Warum hatten Sie Ihre Produktentwicklung transformiert?

Ulf Buchholz: Damals standen wir vor einer großen Herausforderung, und zwar wurde das sogenannte ELENA-Verfahren („Elektronischer Entgeltnachweis“) mitten in der Realisierung vom Gesetzgeber gekippt. Das Verfahren sollte bürokratische Vorgänge vereinfachen und bis dahin in Papierform übermittelte Arbeitnehmer-Entgeltinformationen für Ämter und Behörden in elektronischer Form abrufbar machen. Aufgrund von Bedenken zur Massendatenspeicherung wurde die Einführung des ELENA-Verfahrens gestoppt und wir mussten für unser Produkt KIDICAP in Windeseile digitale Alternativen entwickeln, die ohne Datenvorratshaltung auskommen. Das war für uns der Punkt, an dem wir beschlossen haben, GIP grundsätzlich flexibler und agiler aufzustellen, um für solche Situationen besser gerüstet zu sein. Unser Pilotprojekt waren zwei agile Teams.

Haben sich Ihre Erwartungen erfüllt?

Ulf Buchholz: Ja, nach dem ersten halben Jahr waren wir so begeistert, dass wir komplett agil werden wollten. Im Lauf von etwa zwei Jahren haben wir Agilität im ganzen Unternehmen ausgerollt und für alle Teams Scrum Master eingestellt. Aber das lief dann weniger gut als erhofft.

Warum?

Ulf Buchholz: Jeder Scrum Master hat sein Team optimiert. Das hat geklappt, jedes Team für sich wurde besser, aber wir als Unternehmen sind auseinandergedriftet. Da wir alle an einem gemeinsamen Produkt – KIDICAP – arbeiten, war das für uns nicht der passende Weg. Wir wollten unbedingt weiterhin agil arbeiten, aber nicht mehr streng nach Scrum. Deshalb haben wir unsere agile Methode etwas abgewandelt.

Können Sie sich noch an das erste gemeinsame Projekt mit Teamprove erinnern?

Ulf Buchholz: Das war glaube ich im Anschluss an die gerade beschriebene Phase: Unsere Teams arbeiteten schon agil, wir als Organisation waren aber noch in einer klassischen Linienorganisation verhaftet. Wir mussten stark wachsen, um die Dynamik an Produktthemen abzubilden, die Struktur wurde verändert, einzelne Bereiche neu zugeschnitten und Ressourcen verteilt – da entstanden Spannungen und es kam der Punkt, an dem wir externe Unterstützung brauchten. Ziel war es, den intensiven Umbau in Zusammenarbeit mit Teamprove besser zu managen und die Teams und Führungskräfte mit einem Change Management zu begleiten. Eine Mischung aus Organisations- und Teamentwicklung.

Was hat Sie davon überzeugt, das Teamprove der richtige Partner ist?

Ulf Buchholz: Zum einen gefiel mir der Ansatz von Teamprove, sich an der Wertschöpfung zu orientieren. Das entspricht dem GIP-Leitbild „Werte schaffen, Werte leben“. Software ist ein sehr schnelllebiges Produkt, aber wir möchten unser Produkt so bauen, dass es einen nachhaltigen Wert liefert. Zum anderen schätze ich an Teamprove das breite Spektrum. Egal ob wir eine Teamentwicklungsmaßnahme, Coaching oder Beratung brauchen oder punktuell Unterstützung im agilen Prozess sinnvoll ist: Wir erhalten eine ganzheitliche, in sich stimmige Begleitung und können die Organisationsentwicklung von der Strategie bis zur operativen Umsetzung in den Teams gemeinsam abdecken.

Hatte die Corona-Pandemie Einfluss auf die Strategie Ihrer Organisationsentwicklung?

Ulf Buchholz: Die Corona-Pandemie hat uns mitten in unserem Wachstums- und Umstrukturierungsprozess „erwischt“ und verlagerte ein ohnehin komplexes Change-Projekt ins Homeoffice. Das war herausfordernd, nicht alle sind gut damit zurechtgekommen. Auch ich hatte manchmal zwei, drei Hüte gleichzeitig auf, und Matthias Pauers hat mich im persönlichen Coaching unterstützt. Viele Entwicklungen sehe ich aber positiv und einige der in dieser Zeit angestoßenen Veränderungen werden bleiben, das lässt sich nicht zurückdrehen. Ich fühlte mich bestärkt, dass wir die Transformation der GIP in eine digitale Organisation vorantreiben müssen. Zum einen mit digitalen internen Prozessen, aber auch mit einem Produkt, das die Digitalisierung unserer Kunden unterstützt. Grundsätzlich ist unser Learning, die organisationale Resilienz zu erhöhen, also widerstandsfähiger zu werden für alles, was in Zukunft von außen kommt. Resilienz ist ebenfalls ein Thema, das Teamprove gut adressiert.

Sie sagen, Sie sehen einige durch Corona angestoßene Veränderungen durchaus positiv. Was zum Beispiel?

Ulf Buchholz: Es ist viel einfacher und selbstverständlicher geworden, virtuell zusammenzukommen. Da sind viele Dämme gebrochen. Wir hatten schon vor der Coronapandemie mehrere Standorte, aber heute fühlen wir uns durch die neue Art zu kommunizieren einander näher, obwohl wir mittlerweile 15 Teams sind und uns seltener in Präsenz treffen als früher. Wir können Mitarbeitende im Homeoffice nahtlos in Projekte einbinden und auch bei unseren Kunden wurde die digitale Infrastruktur so verbessert, dass wir heute selbst in großen Projekten viel enger „dran“ sind.

Hat sich auch an der Art zu führen in den letzten Jahren etwas verändert?

Ulf Buchholz: Führung ist heute kooperativer, weniger formal. Führungskräfte haben gelernt, wie wichtig es in Veränderungsprozessen ist, Betroffene zu Beteiligten zu machen, mehr zu kommunizieren. Menschen wollen gehört werden und Veränderungen nicht übergestülpt bekommen.

Sie haben erwähnt, dass GIP stark gewachsen ist bzw. noch immer wächst. Leiden Sie als Softwarehaus nicht unter dem IT-Fachkräftemangel?

Ulf Buchholz: Wir müssen uns anstrengen, klar. Da geht es uns nicht anders als anderen Unternehmen auch. Wir müssen die neuen Spielregeln akzeptieren und es ist uns wichtig, GIP als starke Arbeitgebermarke zu positionieren. Wir arbeiten zwar für öffentliche Auftraggeber, sind aber ein modernes Softwarehaus mit einem attraktiven Angebot für Arbeitnehmer. Wir holen uns laufend Feedback ein, von Bewerbern, aber auch aus den Teams. Fühlen sich die Leute wohl? Passt unser Angebot zu den Erwartungen? Beispielsweise will nicht jeder ins Homeoffice, sondern wir haben durchaus auch Mitarbeitende, die das Büro als Arbeitsplatz schätzen. Da sind wir dran, gute Lösungen für alle zu finden und das Büro als sozialen Treffpunkt zu stärken.

Was sind die größten Herausforderungen der nächsten Jahre für GIP?

Ulf Buchholz: Auf jeden Fall das Management von Wachstum in unseren Teams. Wir stemmen gerade eine massive Onboarding-Phase, 2022 sind 21 neue Leute dazugekommen, dieses Jahr werden es um die 35 sein. Das Recruiting funktioniert, aber jetzt müssen wir es auch schaffen, die neuen Mitarbeitenden zu binden und die Fluktuation zu reduzieren. Wir müssen unter anderem die beiden Gruppen im Homeoffice und im Büro noch besser zusammenbringen, das braucht Steuerung und auch da unterstützt uns Teamprove. Wichtig ist es uns auch, mehr Raum für Selbstverwirklichung zu schaffen. Bei unserem Produkt ist das Ziel fremdbestimmt, denn die gesetzlichen Vorgaben für Personalverwaltungssoftware lassen nicht viel Spielraum für Kreativität. Aber wir können in der Umsetzung die Zügel locker lassen und darauf vertrauen, dass die Teams den besten Weg zum Ziel selbst finden. Totale Kontrolle und enge Vorgaben funktionieren nicht mehr. Und es erzeugt auch keine Innovation. Für Führungskräfte erhöht sich außerdem gerade die Führungsspanne enorm – 40 bis 50 Mitarbeitende sind viel! Da wir auch den Vertrieb im Führungsteam selbst stemmen, entsteht eine Doppelbelastung: Wir müssen mitarbeiterzugewandt und kundenzugewandt arbeiten und beiden Stakeholdern gerecht werden. Hier die Balance zu halten und selbst gesund zu bleiben, ist nicht immer einfach.

Sie erwähnten gerade Innovation: Welchen Einfluss haben produkt- oder kundenseitige Anforderungen an die Organisationsentwicklung bei GIP?

Ulf Buchholz: Die Technologieschiene ändert sich, alles verlagert sich in die Cloud, mit allen damit verbundenen Cybersecurity-Herausforderungen für uns als Softwareanbieter. Das Tempo erhöht sich, Planungen müssen laufend angepasst werden. Manches kann man mit Wachstum abfangen, manches braucht Geschick bei der Priorisierung. Grundsätzlich ist Personalwirtschaft vielfältig und wir müssen immer mehr und immer wieder neue Themen besetzen. Beispielsweise kommt die Umsetzung der EU-Richtlinie zur Arbeitszeiterfassung in nationales Recht auf uns zu, ein weiteres wichtiges Thema wird die Barrierefreiheit von Personalwirtschaftssystemen sein. Immer häufiger übernehmen wir auch die Rolle des Digitalisierungsberaters für Kunden, die bis zu tausendmal größer sind als wir. Wir sind gerade dabei, unsere interne Struktur so anzupassen, dass wir Digitalisierungsprojekte dieser Dimension optimal mit Spezialisten aus unseren Fachbereichen begleiten können. Es bleibt spannend!

Herr Buchholz, wir bedanken uns herzlich für die Zusammenarbeit in den letzten Jahren und wünschen Ihnen alles Gute für den in Kürze anstehenden Ruhestand!

Bildmaterial © GIP Gesellschaft für Innovative Personalwirtschaftssysteme mbH

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