Corona hält die Welt weiterhin in Atem und hat bei vielen auch den Arbeitsalltag auf den Kopf gestellt. Teams arbeiten von einem Tag auf den anderen zu 100 Prozent verteilt, Kollegen sind nicht mehr nur eine Tür entfernt und auch Teamleiter werden mit unterschiedlichsten neuen Herausforderungen konfrontiert – organisatorisch, zwischenmenschlich und im persönlichen Selbstmanagement. Für Arbeitspsychologen sind die Isolation und das Abbrechen des gewohnten Informationsflusses einer der größten Stolpersteine am Remote-Work-Arbeitsmodell. Wenn der ungezwungene kollegiale Austausch beim Mittagessen oder beim Feierabendbier ebenso fehlt wie externe Impulse durch berufliche und private Netzwerke, brauchen wir neue Kommunikationswege.

Bei Teamprove arbeiten wir schon viele Jahre remote und haben gute Erfahrungen mit einer gemeinsamen Online-Kaffeepause gemacht – einem Zeitfenster, in dem wir ganz zwanglos über den Tag plaudern und diskutieren. Über Dinge, die uns schwerfallen oder über die wir uns ärgern, über Erfolge, über Aktuelles und neue Ideen. Dieses Format bieten wir seit einigen Wochen auch als offenen „Online Coffee Break“ für Teamleiter, Scrum Master und Agile Coaches an. Für alle, die diese lieb gewonnene Büroroutine, die das soziale Miteinander stärkt, auch zu Hause fortzusetzen möchten. Für alle, die entspannten Smalltalk und Begegnungen „über den Tellerrand“ ihres Unternehmens hinaus vermissen.

Und weil wir auch dieses Format immer besser machen möchten, haben wir Feedback von drei regelmäßigen Teilnehmern eingeholt:

Frage: Stellt sich bei einer virtuellen Kaffeepause trotz physischer Distanz auch soziale Nähe ein? Oder anders gefragt: Haben Sie das Gefühl, dass man ebenso ungezwungen plaudern kann und ist der Themenmix ähnlich wie in der Kaffeeküche oder beim After-Work-Event?

Antonius: „Die soziale Nähe entsteht vor allem dadurch, dass relativ schnell klar wird: Anderen geht es genauso. Ungezwungen ist es auf jeden Fall, auch wenn es im Vergleich zu anderen Meetups etwas seriöser zugeht. Das soll aber kein Widerspruch sein, sondern eine gute Ergänzung zueinander. Die Themen sind vielfältig und richten sich immer nach der Tagesform und den Bedürfnissen der Teilnehmer, es sah nie nach einer Agenda aus – das Spektrum reicht von Gesprächen über mangelnde Führungsqualitäten bis hin zur Diskussion über Kinderrutschen.“ (Anmerkung: Während der Online-Kaffeepause saß einer der Teilnehmer in seinem Garten und wir hatten über die Webcam ein Spielgerüst im Blick, woraufhin sich ein kurzer Austausch über Kinderrutschen ergab.)

Corina: „Ich bemerke absolut keinen Unterschied zum Plaudern in der Kaffeeküche. Es ist herrlich erfrischend und ungezwungen, wenn auch „nur“ virtuell. Ähnlich wie beim Gang zur Kaffeeküche, weiß man nicht, wem man gleich begegnen wird. So bleibt es immer spannend und mit den verschiedenen Teilnehmern ergeben sich unterschiedliche Gespräche. Je öfter man sich wiedersieht, erfährt man mehr über sein Gegenüber. Es wird von Mal zu Mal vertrauter und langsam entsteht ein „Wir“-Gefühl.“

Nicole: „Ich denke, man muss differenzieren: Macht man die virtuelle Kaffeepause mit Kollegen, mit denen ich mich sonst auch privat bzw. in der Kaffeeküche unterhalte, die ich also schon kenne (wenn vielleicht auch nur virtuell)? Oder sind das Menschen, die ich vielleicht noch nicht persönlich kenne? Im ersten Fall kann ich von Anfang an ungezwungen plaudern, der Themenmix wird etwas privater und es geht lockerer zu. Im zweiten Fall braucht man etwas länger, um ungezwungen zu plaudern, da man sich ja erstmal kennenlernen muss und ein Gefühl entwickeln muss, wie sich die anderen verhalten. So oder so finde ich, dass man auch in einem virtuellen Kaffeeklatsch soziale Nähe spüren kann. Je öfter man miteinander chattet, umso mehr lernt man sich kennen und erfährt auch persönliche Dinge der anderen. Das Verhalten wird mit der Zeit lockerer.“

Frage: ‚Kaffeepause‘ impliziert auch eine Auszeit vom Arbeitsalltag. Empfinden Sie die 30 Minuten unserer gemeinsamen Online-Kaffeepause als kleines Entspannungsritual? Welche Rahmenbedingungen halten Sie für wichtig, damit eine Online-Kaffeepause wirklich zur Denkpause wird?

Antonius: „Das mit der Kaffeepause klappt bisher super, wahrscheinlich auch dadurch, dass die Leute sich eben nicht alle gegenseitig kennen und man deshalb nicht so schnell in „mein aktuelles berufliches Problem ist XY“ abrutscht und nur über gemeinsame Kunden / Projekte / Kollegen redet. Denkpause aber eher nicht, zumindest nicht jedes Mal, teilweise ist es dafür zu anregend (was auf keinen Fall Kritik ist).“

Corina: „Eine Kaffeepause wird zur Denkpause, wenn man nicht permanent über Arbeit redet und man einfach mal abschalten und abschweifen kann. Das passiert hier definitiv. Man wird aus seinem Arbeitstrott herausgerissen. Vergessen ist die Mail vom Chef oder das Problem beim Testen. Wenn man dann noch zusammen lacht, ist Entspannung definitiv gegeben.“

Nicole: „Definitiv! Diese kleine Auszeit ist zuweilen ein richtiges Highlight am Tag, gerade wenn es mal etwas stressiger zugeht. Man kann in einer ungezwungenen Runde wieder Kraft tanken und vielleicht sieht die Welt danach wieder schöner und sonniger aus :-) Wichtig ist mir vor allem dabei, dass ich ungestört sein kann. Ohne Arbeit, Mails, ohne Störung von außen. Außerdem macht die Umgebung viel aus, wie wir ja alle schon festgestellt haben. Man geht ja auch lieber in ein Café und setzt sich draußen hin anstatt drin zu sein.“ (Anmerkung: Wir hatten bei einem unserer Gespräche festgestellt, dass sich bei einer Online-Kaffeepause am Schreibtisch weniger das Gefühl einer Pause einstellt als wenn wir den Ort bewusst wechseln.)

Frage: Gibt es einen konkreten Impuls, den Sie aus der Online-Kaffeepause in Ihren (veränderten) Arbeitsalltag mitnehmen konnten?

Antonius: „Der Impuls für mich war, dass ich dankbar sein kann, dass es mich und einige andere nicht so schwer getroffen hat wie es für die Mehrheit möglicherweise gerade der Fall ist.“

Corina: „Der Daily Scrumtisch gehört zu meinem Highlight im Arbeitsalltag. Ich freue mich immer sehr, wenn ich teilnehmen kann. Bei uns ist leider keinerlei Teamgeist mehr zu spüren. Jeder arbeitet so viel und so gut er kann – aber jeder für sich. Die Dailies haben wir beibehalten, allerdings haben diese den Charakter eines Statusreports. Stellt man offene Fragen, macht sich Stille breit, keiner fühlt sich angesprochen. Das ist alles sehr befremdlich für mich (ähnlich wie social distancing). Umso mehr schätze ich diese 30 Minuten mit tollen Menschen und guter Unterhaltung.“

Nicole: „Man kann ruhig auch mal Fünfe gerade sein lassen und lachen :-) Wichtig ist es vor allem, regelmäßig kleinere Pausen einzulegen.“

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Fasziniert von agilen Methoden begleitet Matthias Pauers Führungs­kräfte auf dem Weg zum „Agile Leader“ und unterstützt Organisationen beim Change Management. Seine Schwer­punkte sind Unternehmens­kultur und Führung, Coaching, Anforderungs­management und Design Thinking.

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