Gastbeitrag: Adriane Niepel für Teamprove

Sie haben sich entschieden, OKRs (Objectives and Key Results) zu nutzen und „zack“ – Ihre Ziele sind plötzlich klar, Sie können problemlos den Fortschritt messen und das Engagement und die Eigenmotivation lassen keine Wünsche offen? Schön wär’s! Ja, all das soll (und kann) durch die Einführung von OKRs erreicht werden. Doch wie bei jeder neuen „Methode“ gibt es auch bei OKRs typische Fallstricke und oft läuft es gerade zu Beginn nicht wie geschmiert. In diesem Beitrag erläutere ich sieben häufige Fehler und gebe Tipps, was Sie tun können, um den Erfolg Ihrer OKR-Einführung nicht zu gefährden. 

#1 | Kein (oder ein falsches) Verständnis für das OKR Framework 

Viele Unternehmen sehen OKRs lediglich als eine Methode zur Zielverfolgung. Doch es handelt sich um ein Framework (Rahmenwerk) mit einem tieferen Zweck. Dieses Missverständnis führt häufig dazu, dass OKRs oberflächlich angewendet werden – eben nur, um Ziele zu tracken. Dabei ist OKR eine tolle Möglichkeit, das Mitarbeiterengagement zu fördern und ein Alignment zwischen allen Tätigkeiten, Prozessen und Mitarbeitenden zu erreichen – und das in einem kontinuierlichen, sich selbst verbessernden System. 

  • Tipp: Wie bei allen agilen Methoden und Frameworks sollten Sie vor der Einführung ein (gemeinsames) Verständnis für eine agile Haltung und Kultur schaffen – und es sollte der ehrliche Wunsch bestehen, sich zu einer lernenden Organisation zu entwickeln. 

#2 | Schwierigkeiten beim Verlassen alter Muster

Durch die Nutzung traditioneller Zielsysteme und deren Verhaltensweisen haben sich Muster gebildet, die wir nicht sofort ändern können. Gerade wenn es noch eine eher traditionelle Aufstellung im Unternehmen gibt, ist es wichtig, alle Mitarbeitenden für ihre bisherigen Leistungen wertzuschätzen. Eine Anordnung der OKR-Einführung über alle Köpfe hinweg ist weder erfolgversprechend noch im agilen Kontext erwünscht. Das Ziel ist Mitarbeitermotivation und Engagement.

  • Tipp: Fördern und fordern Sie aktiv die Mitarbeiterbeteiligung! Durch Selbstwirksamkeit stärken wir das Vertrauen der Mitarbeitenden und schaffen eine Kultur, die OKRs und andere agile Methoden erst wirklich wirksam macht. Durch Bottom-up-Ansätze können Ziele gemeinsam erarbeitet werden, was die Motivation und das Engagement der Mitarbeiter erhöht. Teams sollen ermutigt werden, eigene OKRs zu entwickeln, die mit den übergeordneten Unternehmenszielen in Einklang stehen.

#3 | Fehlender Zusammenhang zwischen Unternehmenszielen und Teamzielen

Die OKRs der einzelnen Teams oder Mitarbeitenden stehen oft in (scheinbar) keinem Zusammenhang mit den übergeordneten Unternehmenszielen. Dies kann dazu führen, dass die individuellen Anstrengungen nicht auf das Erreichen der Gesamtziele einzahlen.

  • Tipp: Stellen Sie sicher, dass die OKRs auf allen Ebenen miteinander verknüpft sind. Jedes individuelle und teambezogene Ziel sollte zur Erreichung der übergeordneten Unternehmensziele beitragen. Dies erfordert eine klare Kommunikation von Vision und Mission – und zwar bereits vor der Erstellung der OKRs der einzelnen Teams.

#4 | Unrealistische, unklare oder zu viele Ziele

Ein häufiger Fehler bei der Einführung von OKRs ist die Vereinbarung von Zielen, die entweder zu vage oder zu ambitioniert sind. Oder es werden einfach viel zu viele Ziele definiert. Unrealistische Ziele führen oft zu Frustration und Demotivation, während unklare Ziele und auch ein Übermaß an Zielen Verwirrung stiften und den Fokus mindern.

  • Tipp: Begrenzen Sie die Anzahl auf 3 bis 5 Objectives pro Quartal. Ihre Objectives sollen klar formuliert und erreichbar sein. Ein gutes Objective sollte inspirierend, aber auch realistisch sein. Nutzen Sie SMART-Kriterien (spezifisch, messbar, erreichbar, relevant und zeitgebunden) als Leitfaden. 

#5 | Mangelnde Transparenz und Kommunikation

Die definierten OKRs werden häufig nicht ausreichend kommuniziert, so dass die Transparenz leidet und die Mitarbeitenden nicht wissen, woran ihre Kollegen sich gerade ausrichten, oder was diese aufgrund ihrer Ziele priorisieren. Dies kann zu Missverständnissen und Entscheidungsproblemen führen. 

  • Tipp: Schaffen Sie Transparenz, indem Sie OKRs für alle sichtbar machen. Nutzen Sie Tools und regelmäßige Meetings, um die OKRs zu teilen und Fortschritte zu diskutieren. Transparenz fördert das Verständnis und die Zusammenarbeit innerhalb des Teams und stellt sicher, dass alle auf das gleiche Ziel hinarbeiten.

#6 | Fehlende regelmäßige Überprüfung und Anpassung

Ziele und Schlüsselergebnisse (Key Results) werden oft gesetzt und dann vergessen, manchmal sogar bis das Quartal zu Ende ist. Ohne regelmäßige Überprüfung ist es schwierig, den Fortschritt zu verfolgen. Dabei dient die Verfolgung des Fortschritts nicht etwa der Kontrolle, sondern der Möglichkeit frühzeitig reagieren zu können und notwendige Anpassungen vorzunehmen.

  • Tipp: Führen Sie regelmäßige Check-ins (wöchentlich oder 14-tägig) durch. In diesem sogenannten „Weekly“ werden Hindernisse identifiziert, aber auch Erfolge gefeiert. Dies fördert eine Kultur der kontinuierlichen Verbesserung und hält die Ziele im Bewusstsein aller Beteiligten.

#7 | Unklare Rollen und Verantwortlichkeiten

OKR braucht Befürworter bei der Einführung und auch Menschen, die mit den Prozessen vertraut sind. Ist unklar, wer die OKRs schreibt (Top-down oder doch Bottom-up?), entsteht Verunsicherung. Fehlt die Rolle der Prozesskoordination, verfallen wir schnell ins Tagesgeschäft und in alte Muster. Die Folge: „War ja klar, dass das nicht klappt“. 

  • Tipp: Ernennen Sie einen OKR-Master, der die Einführung von OKR begleitet. Diese Person sollte sich gut mit dem OKR Framework auskennen, die einzelnen Termine begleiten, für Fragen bereit stehen und dafür sorgen, dass alle Mitarbeitenden ein entsprechendes Verständnis aufbauen, beispielsweise durch die Teilnahme an Schulungen . Wichtig ist das Commitment der Führungskräfte – zur Person und zur Rolle -, so dass die nötige Rückendeckung vorhanden ist.

Fazit

Die Einführung von OKRs ist nicht nur eine neue Methode für die Zieldefinition, sondern hat eine transformative Wirkung auf Ihr Unternehmen – wenn sie richtig umgesetzt wird. Denn eine gemeinschaftliche Ausrichtung und gemeinsame Entscheidungen fördern das Vertrauensverhältnis und die Bindung untereinander. Die Mitarbeitenden haben das Gefühl, gemeinsam zu etwas Großem beizutragen und identifizieren sich dank eigener Entscheidungen stärker mit dem Unternehmen. Die Folge: Mitarbeiterbindung und eine Kultur der kontinuierlichen Verbesserung, klarere Ziele, mehr Fokus – und letztendlich bessere Ergebnisse.

Aber es wird nicht alles sofort und nicht alles auf einmal funktionieren! Genau dafür gibt es Retrospektiven und das Mindset der kontinuierlichen Verbesserung. Sie sollten also nicht die Flinte ins Korn werfen, wenn der Start mit OKR zäher verläuft als erhofft. Aber bleiben Sie aufmerksam und vor allem: Bleiben Sie im Lernprozess! 

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Adriane Niepel ist Teil unseres Beratendenpools. Sie verstärkt unser Team als Agile Coach, systemischer Coach und OKR Masterin und bringt ihr Know-how im Bereich Talentförderung und Gamification ein.

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