Laut Handelsblatt gab es 2022 allein in Deutschland 1.241 Fusionen. Dabei spielen nicht mehr nur Markt-, Kosten- oder Steuermotive eine Rolle, sondern wirtschaftliche Macht hängt im Rahmen der digitalen Transformation zunehmend vom Zugang zu innovativen Technologien und Know-How ab. Aber unabhängig vom Motiv einer Fusion scheint das Erfolgskonzept gelernt: Gleich starke Partner schließen sich zusammen oder ein starker Player kauft Mitbewerber oder strategisch passende Partner auf – im Rahmen der gesetzlichen Regularien. Controller, Unternehmens- und Steuerberater und Rechtsanwälte haben Zahlen und Verträge geprüft und alles durchkalkuliert. Die Fusion ist wasserdicht und das Management verkündet stolz die aus dem Zusammenschluss entstehenden Perspektiven und Prognosen wie wachsende Marktanteile oder technologische Synergien. 

Aber wie geht es nach dem Verkünden der Übernahme oder des Zusammenschlusses im Alltag der Mitarbeitenden weiter? 

Die Tücken des Integrationsprozesses nach einer Fusion werden häufig unterschätzt. Das Zusammenwachsen der Bilanzen und Organigrammen lässt sich am Schreibtisch planen – das Zusammenwachsen von Unternehmenskulturen, Teams und Prozessen nicht. Die Veränderungen für die Menschen in den fusionierten Organisationen müssen orchestriert und begleitet werden, um die wirtschaftlichen Ziele der Fusion zu erreichen. Und hier kommt die Organisationsentwicklung ins Spiel

„Obwohl sich die Kriterien für den Erfolg einer M&A-Transaktion unterscheiden, kann festgehalten werden, dass rund zwei von drei Fusionen scheitern. Bei circa 60 Prozent dieser gescheiterten ‚Firmen-Ehen‘ liegen die Gründe in Bereichen der so genannten ‚Soft-Facts‘. Diese kommen meist in der eigentlichen Integrationsphase zum Tragen.“ (Hans-Böckler-Stiftung)

Aber schauen wir uns die Change-Herausforderungen einer Fusion genauer an: 

Eine Fusion löst bei Mitarbeitenden in der Regel Verunsicherung, vielleicht sogar konkrete Ängste aus: Ist mein Arbeitsplatz noch sicher? Bekomme ich weiterhin mein Weihnachtsgeld? Behalte ich meinen Firmenwagen? Darf ich weiterhin zweimal die Woche im Homeoffice arbeiten? Bekommen wir neue Kolleg:innen? Wechseln die Führungskräfte?

Viele Sachverhalte sind im Arbeitsvertrag geregelt. Aber was ist mit Absprachen, die mündlich mit Führungskräften, also auf Vertrauensbasis geschlossen wurden? Hier kann es um die weitere Karriereplanung, Entscheidungsbefugnisse oder in Aussicht gestellte Benefits gehen. Die Mitarbeitenden fühlen sich hier – zu Recht – unsicher. Um keinen Raum für Spekulationen, Spannungen und Konflikte zu lassen, sollte der Übergang seitens der Geschäftsführung so transparent und so offen wie möglich gestaltet werden. 

Organisationsentwicklung ist der Katalysator für einen reibungslosen Start und ein langfristiges, echtes Zusammenwachsen. Organisationsentwicklung hilft, den Veränderungsprozess einer Fusion aktiv zu gestalten und so die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Integration zu erhöhen.

Wichtige Voraussetzungen: 

  • Nutzenkommunikation & Vision: Der Grund und die geplanten Ziele der Fusion müssen allen Mitarbeitenden klar sein. Es braucht ein gemeinsames Verständnis für die Notwendigkeit und die Vorteile – nur so können alle an einem Strang ziehen. 

  • Offener, wertschätzender Dialog: Um das „Merger-Syndrom“ zu vermeiden, sollten Ängste, Vorbehalte und Fragen ernst genommen werden. Kommunizieren ist mehr als Informieren! Das gilt insbesondere auch für die Kommunikation unangenehmer Entscheidungen und den Umgang mit Mitarbeitenden, die nicht von der Fusion profitieren, beispielsweise weil sie gekündigt werden, das Team wechseln müssen oder eine Führungsposition verlieren. Schlechte Nachrichten sind schlimm – werden aber noch schlimmer, wenn die Betroffenen sie zu spät, aus der Presse oder über den Flurfunk  erfahren. 

  • Kompetenzaufbau: Häufig benötigen Mitarbeitende und Führungskräfte neue Fähigkeiten und Kompetenzen, um in der fusionierten Organisation erfolgreich arbeiten zu können. Organisationsentwicklung kann individuell passende Schulungen und Entwicklungsmöglichkeiten erarbeiten.

  • Teamentwicklung: Bei einer Fusion werden häufig Teams neu zusammengewürfelt und Führungskräfte wechseln, Rollen, Zuständigkeiten und Aufgaben ändern sich. Teammitglieder müssen lernen, ihre Talente und Fähigkeiten zielorientiert in das neue Team einzubringen – auch dieser Prozess kann und sollte durch Organisationsentwicklungsmaßnahmen begleitet werden.

  • Konfliktmanagement: Fusionen können zu Machtspielen und Konflikten zwischen Teams, in den Teams oder mit Führungskräften führen. Mediationsangebote können deshalb ein sinnvolles Element der Organisationsentwicklung sein und bei Konfliktprävention und Konfliktlösung helfen.

  • Kulturintegration: Das Ziel ist, dass sich alle mit dem neuen Unternehmen identifizieren und diese Identifikation wird über die Unternehmenskultur gesteuert. Aber welche Kultur denn nun – die Kultur der übernehmenden oder der übernommenen Firma oder eine ganz neue? Geschäftsführung, Führungskräfte und Mitarbeitende müssen sich gemeinschaftlich mit Kulturfragen auseinandersetzen: Welche Werte sind uns wichtig, was wollen wir unbedingt beibehalten? Wie möchten wir zusammenarbeiten, wie nach außen wirken? Was soll unser Leitbild sein?

  • Prozessharmonisierung: Auch unterschiedliche Prozesse und Arbeitsweisen in den fusionierten Organisationen müssen integriert werden, um effizient miteinander arbeiten zu können. Organisationsentwicklung kann dabei unterstützen, Best Practices zu identifizieren und Wünsche und Anforderungen zu moderieren. 

Fazit

Nach der Fusion ist vor der Organisationsentwicklung. Denn der Zusammenschluss von Unternehmen erfordert mehr als ein neues Organigramm, wenn aus Zwei nicht nur Eins, sondern “Gut” werden soll. 

Diese Integration braucht Zeit und Begleitung. Ein objektiver, geschulter Blick von außen kann helfen, die individuellen Herausforderungen zu identifizieren und die richtigen Maßnahmen zu entwickeln. Melden Sie sich bei uns, wir unterstützen Sie gern dabei,  die Puzzleteile zusammenzusetzen.

 

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Corina Stumhöfer unterstützt die Geschäftsführung bei der Personalentwicklung und beim Aufbau unseres Berater-Pools. Dabei geht es der erfahrenen Scrum Masterin über das Organisatorische hinaus um gelebte Werte, Fürsorge und Motivation.

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