“Das haben wir immer schon so gemacht”, “Da bist du jetzt wirklich naiv”, “Das ist historisch bedingt” oder “Sowas lehnen wir grundsätzlich ab”: Hören Sie solche Sätze auch in Ihrem Unternehmen?

Killerphrasen, auch Totschlagargumente genannt, werden als rhetorische Keule geschwungen, um Gesprächspartner:innen aus dem Konzept zu bringen, Diskussionen abzuwürgen, Entscheidungen zu verzögern oder Macht zu demonstrieren. Nicht immer werden sie bewusst oder manipulativ eingesetzt, sondern sie können auch eine Haltung des Bewahrens widerspiegeln.

Die Folgen: Sprachlosigkeit. Hilflosigkeit. Enttäuschung. Stillstand. Killerphrasen sind Bremsklötze für Wandel und Innovation! Das geht Ihnen auf die Nerven oder Sie leiden sogar darunter? Sie möchten eine Kultur gestalten, in der Ideen, ein kritischer Blick und Verbesserungsvorschläge willkommen sind? Die Menschen in Ihrem Unternehmen sollen das Gefühl haben, etwas bewegen zu können? Dann laden wir Sie mit diesem Blogartikel ein, das Mindset in Ihrem Unternehmen aktiv zu verändern, indem Sie konstruktiv mit Killerphrasen umgehen

Typische Killerphrasen-Situationen

Häufig schleichen sich Killerphrasen ein, wenn neue Aufgaben, Projekte oder Ideen vorgestellt werden. Typische Szenarien sind auch das Onboarding von Mitarbeiter:innen oder wenn externe Berater:innen in das Unternehmen kommen. In beiden Fällen sind es “Neue”, die noch keine “Brille” aufhaben und verstehen möchten, wie die Prozesse laufen. Sie stellen richtige Fragen und hinterfragen oft Vorgehensweisen und Prozesse. Das ist gut so, denn es ist wertvoll für jedes Unternehmen und jedes Team, einen frischen Blick von außen, von der Metaebene zu bekommen, zu reflektieren und auszuwerten. Manche Unternehmen haben diese Chance erkannt und führen beispielsweise mit neuen Mitarbeiter:innen nach drei Monaten ein intensives Feedbackgespräch und signalisieren echtes Interesse: “Was ist dir aufgefallen? Was machen wir gut? Was können wir besser machen? Welche Ideen hast du?”

Doch Mitarbeiter:innen und auch Führungskräfte nehmen Verbesserungsvorschläge, Anregungen und Ideen sehr unterschiedlich wahr. Die einen probieren gerne Neues aus und sind neugierig, kreativ und aufgeschlossen für Veränderungen. Die anderen sehen beispielsweise nicht den Prozess hinterfragt, sondern fühlen sich selbst als Person kritisiert. Sie reagieren mit Verunsicherung, einem gekränkten Ego oder Ablehnung und beklagen, dass laufend neue, anstrengende Baustellen aufgemacht werden.  

In den meisten Unternehmen sind beide Haltungen und Bedürfnisse vertreten. Erfahrungsgemäß werden von der zweiten Gruppe gerne Killerphrasen verwendet – sei es, um den Status Quo zu bewahren, aus Bequemlichkeit oder aus Angst, Fehlentscheidungen zu treffen und mit Experimenten Geld in den Sand zu setzen. Killerphrasen sind deshalb ein guter “Indikator” für die Veränderungskompetenz im Unternehmen! 

Impulse zum Umgang mit Killerphrasen im Job

Wenn Sie feststellen, dass Ihr Team häufig Killerphrasen verwendet, dann thematisieren Sie diese Beobachtung. Sensibilisieren Sie für diese negative Art der Rhetorik und welche Nachteile für die Beziehungen und das Unternehmen als Ganzes dadurch entstehen können: Sie ersticken neue Ideen bereits im Keim und demotivieren engagierte Mitarbeiter:innen. Weiterentwicklung und Lernen werden behindert oder es kommt sogar zum Stillstand. Und Stillstand kann sehr schnell Rückschritt bedeuten!

Veränderung, Change und Anpassung beginnen im Kopf. Teams brauchen einerseits Stabilität und Sicherheit, gleichzeitig aber eine grundsätzliche Offenheit dafür, dass etwas hinterfragt werden darf. Veränderungskompetenz bedeutet nicht, ständig alles “auf links” zu drehen. Ebenso gefährlich ist aber die Einstellung, nichts hinterfragen zu wollen oder zu dürfen. 

Treffen Sie deshalb gemeinsam eine Entscheidung, wie Sie mit Killerphrasen umgehen möchten. Welche Phrasen nutzen Sie häufig? Welche passen nicht zu Ihrer Unternehmenskultur? Gibt es Bereiche, in denen Mitarbeiter:innen ein hohes Stabilitätsbedürfnis haben – und warum?

  • Reflektieren Sie die Situation in Ihrem Unternehmen: Beobachten Sie in den nächsten Wochen, wie häufig Ihre Mitarbeiter:innen und Führungskräfte Killerphrasen einsetzen! Und wie oft verwenden Sie selbst Killerphrasen? In welchen Situationen und an welchen Orten häuft sich die “Killerkommunikation”?

  • Differenzieren Sie: Um welche Art von Killerphrasen handelt es sich? Geht es um Frust, Besserwisserei, Pessimismus …? Wir haben einige typische Motive für Sie zusammengestellt.

  • Versuchen Sie, die psychologische Botschaft zu erkennen (Ängste, Wahrung der Identität usw) und begegnen Sie dieser Botschaft und Ihrem Gegenüber respektvoll.

  • Setzen Sie sich mit dem Grund des Widerstands auseinander: Ist der Grund nachvollziehbar? Gibt es eine positive Absicht und wenn ja, ist diese noch aktuell oder hat sie sich lediglich als Gedankenmuster etabliert? Ist der Grund wirklich “Grund genug” für den Widerstand gegen eine Veränderung? 

  • Drehen Sie den Spieß um: Kontern Sie Killerphrasen, indem Sie den Blickwinkel umdeuten und in einen konstruktiven Rahmen führen (Reframing). Manchmal helfen Provokationen, manchmal paradoxe Interventionen (Antworten, mit denen niemand rechnet), manchmal gilt es, sensibel vorzugehen. Was verändert sich im Gespräch?

  • Der Blickwinkel Ihres Gegenübers verändert sich nicht? Wiederholen Sie Ihre Worte, und ergänzen Sie eine Gegenfrage: „Was würde denn wirklich passieren, wenn…?”

  • Sie stellen fest, dass keine Offenheit für einen konstruktiven Dialog besteht? Versuchen Sie es später noch einmal, vielleicht gibt es einen besseren Zeitpunkt oder Ort.

So kontern Sie Killerphrasen konstruktiv

Sie möchten Killerphrasen gerne “gekonnt kontern”, aber Ihnen fehlen spontan oft die richtigen Worte? Mit unserem kleinen Spickzettel sind Sie gut für die typischen Totschlagargumente im Job gerüstet. 

Versuchen Sie, die Absicht hinter den Phrasen zu erkennen, denn so können Sie zielgenauer reagieren. Die Killerphrasen sind nach Motiven in “Räume” gruppiert. Ein kleiner Impuls zu jedem Raum hilft Ihnen, sich mit den jeweiligen Bedenken, Einwänden, Miss-Matching-Gedanken und Widerständen auseinanderzusetzen. So nimmt Sie Ihr Gegenüber als wertschätzend wahr – eine wichtige Voraussetzung, um in einen Dialog zu kommen. 

Das Gewächshaus

Motive, die in der Unternehmenskultur der Firma liegen

Hintergrund: Die Werte, Prinzipien und Leitbilder des Unternehmens beeinflussen auch die Kommunikation – bewusst oder unbewusst 

Impuls: Hinterfragen Sie die Kultur, aber seien Sie nicht ungeduldig – Kulturänderungen brauchen Zeit

Killerphrasen & Reframing

  • “So was machen wir hier grundsätzlich nicht.”
    Das möchte ich gerne verstehen: Wer hat das festgelegt und warum?
  • “So tickt unsere Firma nicht.”
    Vielleicht ist genau das unser Problem!
  • “So sind wir einfach nicht.”
    Wie sind wir denn? Und wie wollen wir sein?

Das Museum

Motive, die in der Geschichte des Unternehmens liegen

Hintergrund: Vieles im Unternehmen wurde mit Fleiß über Jahre hinweg aufgebaut.

Impuls: Würdigen Sie die Geschichte Ihres Unternehmens.

Killerphrasen & Reframing

  • “Das ist hier historisch gewachsen.”
    Und wir sollten neue Milestones zu unserer Historie beisteuern!
  • “Das haben wir immer schon so gemacht!”
    Stimmt. Die Frage ist aber doch, ob wir es noch besser machen können! 
  • “Das haben wir hier noch nie gemacht.”
    Was wäre der Worst Case, wenn wir es ausprobieren?

Die Rumpelkammer

Motive, die mit Ballast aus negativen Erlebnissen verbunden sind

Hintergrund: Erfolglose Change-Projekte im Unternehmen demotivieren

Impuls: Versuchen Sie mit Frustrationserlebnissen mitzufühlen

Killerphrasen & Reframing

  • “Das hat doch beim letzten Mal schon nicht funktioniert.”
    Okay, was können wir daraus lernen, um es besser zu machen? 
  • “Das bringt doch mal wieder rein gar nichts.”
    Dann müssen wir uns neue Wege zum Ziel überlegen – was ist Ihr Vorschlag? 
  • “Haben wir nichts Wichtigeres zu tun?”
    Findest du Verbesserungen etwa nicht wichtig?

Die Kühlkammer

Motive, die mit Pessimismus verbunden sind

Hintergrund: Der Umwelt-Check versteht sich wie eine Überprüfung, ob das Vorhaben in Bezug auf seine Umfeldbedingungen eine Chance zum Gelingen hat. In unserem Fall wird der Umwelt-Check in einer pessimistischen Form vorgenommen (Glaube daran, dass mögliche Worst Case Szenarien wirklich eintreten)  

Impuls: Würdigen Sie den Umwelt-Check, den die Person vornimmt.

Killerphrasen & Reframing

  • “Das wird nie funktionieren.”
    Das wissen wir erst, wenn wir es ausprobieren.
  • “Träum weiter!”
    Ja, lass uns weiter träumen, denn so entstehen Innovationen!
  • “Das ist naiv.”
    Mein unkritischer Blick hat mir schon oft weitergeholfen.

Das Treppenhaus

Motive, die in der Struktur (Verantwortung, Hierarchie und Macht) liegen

Hintergrund: Je ausgeprägter Strukturen und Hierarchien im Unternehmen sind, desto höher liegen die Hürden für Veränderungsvorgänge. 

Impuls: Respektieren Sie die Strukturen und Entscheidungen auf bestimmten Verantwortungsebenen.

Killerphrasen & Reframing

  • “Das wird der Chef gar nicht mögen!”
    … dann gehe ich auf den Chef gerne zu und frage ihn.
  • “Es steht uns nicht zu, das zu ändern.”
    …dann adressiere ich den Änderungsvorschlag gerne weiter oben.
  • “Das geht nicht, unseren schweren Kahn in diese Richtung zu bewegen.”
    …wenn es so schwer ist, dann müssen wir erst Recht die Segel richtig setzen bzw. den Motor anschmeißen.

Der Balkon

Motive, die sich in einem überheblichen Umgang äußern

Hintergrund: Unsicherheit in der menschlichen Psyche hat viele Gesichter und kann sich unter anderem in Besserwisserei und Überheblichkeit äußern

Impuls: Respektieren den Wunsch nach Bedeutung oder Genauigkeit, ebenso wie die Angst vor Autoritätsverlust.

Killerphrasen & Reframing:

  • “Das sagt doch schon der gesunde Menschenverstand!”
    … lass uns doch erstmal frei Ideen sammeln, bevor wir die Ideen bewerten!” 
  • “Du musst noch sehr viel lernen!”
    …kannst du uns an deinem Know-how teilhaben lassen?
  • “Das ist mir viel zu emotional vorgetragen.”
    … Emotionen zeigen, dass es mir wichtig ist!
  • “Sowas wollen unsere Kunden nicht.”
    …Woher weißt du das?

Der Friedhof

Pauschale Totschlagargumente

Hintergrund: Veränderung kostet Kraft, Zeit, Mut und Geld. Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, sind Widerstände nachvollziehbar und sogar wichtig für Gesundheit und Anpassungsfähigkeit.

Impuls: Respektieren Sie die Überforderung, aktuell genauer hinzusehen und finden Sie einen geeigneteren Zeitraum für Veränderung.

Killerphrasen & Reframing:

  • “Never change a running system.”
    Angst wird das System nicht am Laufen halten, sondern Mut.
  • “Das ist alter Wein in neuen Schläuchen.”
    ….Alter Wein ist gereift!
  • “Bislang hat das auch ohne… gut geklappt.”
    ….und wie lange noch?
  • “Dafür haben wir kein Budget.”
    … aber vielleicht können wir mit dieser Idee Geld verdienen!” 

Wir wünschen Ihnen Aha-Erlebnisse mit unserem Killerphrasen-Bingo und viel Erfolg bei der Verbesserung Ihrer Kommunikation! Haben wir eine typische Job-Killerphrase vergessen oder haben Sie Ideen für weitere gute Konter-Antworten auf Killerphrasen? Dann schreiben Sie uns gerne! 

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Corina Stumhöfer unterstützt die Geschäftsführung bei der Personalentwicklung und beim Aufbau unseres Berater-Pools. Dabei geht es der erfahrenen Scrum Masterin über das Organisatorische hinaus um gelebte Werte, Fürsorge und Motivation.

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