“Schneller, höher, weiter” hat ausgedient, so hieß es vor wenigen Tagen in den Börsennachrichten. Wir brauchen eine neue Maxime und neue Antworten auf die Fragen unserer Zeit – aber wie könnten diese aussehen?

Auch ich habe mich in meiner Rolle als Personal- und Organisationsentwicklerin intensiv mit diesen Themen beschäftigt. Organisationale Resilienz ist ein Phänomen, das ich als Wechselspiel von insgesamt 42 Resilienz-Kompetenzen bezeichne. Jede einzelne dieser Resilienz-Kompetenzen entscheidet über die Anpassungsfähigkeit bzw. Gesundheit eines Unternehmens.

Ein einfaches Rezept habe ich leider nicht für Sie. Allerdings möchte ich Ihnen schon jetzt verraten, dass es bei den “Zutaten” für Resilienz in Unternehmen auf die Interaktionen, also das Zusammenspiel der einzelnen Komponenten ankommt und wie viel Raum und Zeit Sie dem Prozess geben – wie bei einem Rezept: Für ein richtig gutes Ergebnis braucht es gute Zutaten, Ruhe- und Entwicklungsphasen zwischendurch und oft Geduld!

Ich lade Sie deshalb herzlich ein zu einer kleinen Reise durch die faszinierende Welt der Resilienz, in diesem Blogartikel mit dem Schwerpunkt Organisationale Resilienz:

Was hat Resilienz mit Wandel, Anpassungsfähigkeit und Unternehmenserfolg zu tun?

Was hat sie mit persönlicher Resilienz gemeinsam (und was nicht)?

Warum sprechen wir von der Kompetenz der Zukunft?

Wie lässt sich Organisationale Resilienz aufbauen bzw. verbessern?

Viele Wissenschaftler, Studien und Presseartikel beschäftigen sich mit dem „Wundermittel Resilienz“ und „Resilienz als Rettung“; inzwischen gibt es sogar einen Regierungsauftrag Resilienz mit der Frage, was die Regierung krisenkompetenter und die Gesellschaft des 21. Jahrhunderts resilienter macht. Diese Fragen treiben auch uns als Beratungsunternehmen um: Die Unternehmen mit ihren Menschen, die wir beraten, sind Teil der Gesellschaft. Sie arbeiten mit ihren Mitarbeitenden an Leistungen und Produkten für die Gesellschaft, für uns alle.

Je resilienter Organisationen sind, umso höher wird auch die Resilienz unserer Wirtschaft und unserer ganzen Gesellschaft. Andersherum sind Organisationen als Teil des globalen Systems auch Betroffene von Disruptionen aller Art. Ich bin davon überzeugt, dass es sich deshalb für Unternehmen lohnt, sich intensiv mit ihrer Resilienz auseinanderzusetzen.

Unternehmen brauchen Resilienz, um überleben zu können und im Spiel zu bleiben.

Organisationale Resilienz erlebt aktuell eine steigende Zahl an Suchanfragen im Internet, das Konzept ist aber nicht neu: Bereits seit etwa 20 Jahren beschäftigen sich renommierte Wissenschaftler mit der Resilienz von Unternehmen.

Resilienz als “System Survival Skill”

Resilienz ist kein “nice to have”, kein “entweder – oder”. Es ist vielmehr ein “need to survive” also ein System Survival Skill! Resilienz ist die unvermeidliche Antwort auf die drängenden Fragen dieses Jahrhunderts, mindestens dieses Jahrzehnts.

Der Ökonom Leo Nefiodow spricht in diesem Zusammenhang von Wirtschaftszyklen, geprägt von Phasen langfris­tigen Wohlstandswachstums, an deren Ende meist eine Krise größeren Ausmaßes stand. Nach Ansicht von Nefiodow bahnte sich bereits 2010 der sechste Zyklus an, der durch eine Entwicklung der individuellen und gesellschaftlichen psychosozialen Gesundheit geprägt sein wird. Demnach befinden wir uns mitten im Resilienz-Zyklus, in dem wir darüber entscheiden werden, wie wir individuelle und gesellschaftliche Resilienz entwickeln. Resilienz wird ganzheitlich betrachtet zum globalen Wirtschaftsfaktor – und Resilienzentwicklung zur Innovation schlechthin.

Die Frage lautet: Sind wir noch auf dem richtigen Weg mit Gewinn- und Wohlstandsmaximierung auf Kosten der anderen Hälfte der Weltkugel bzw. auf Kosten von Arbeitnehmern, die immer häufiger in diesem Wettlauf mit der Zeit nicht mehr mithalten können oder mithalten wollen? Brauchen wir einen Paradigmenwechsel und wie könnte dieser aussehen?

Wir befinden uns mitten in einem Systemkollaps

Zurück zur Ausgangssituation: Die Maxime “Schneller, höher, weiter” hat ausgedient. Der Meinung bin ich auch. Wir befinden uns mitten in einem Systemkollaps und beuten uns selbst aus. Immer mehr Gewinnmaximierung auf der einen Seite führt zu Kraftverlust auf der anderen Seite. Woran erkennen wir diesen Energieverlust?

“Wenn man heute Mitarbeiter zu den Hauptproblemen ihrer Arbeit befragt, erhält man häufig die Antwort, dass sie sich überfordert fühlen, weil sie mehr Arbeit in besserer Qualität und weniger Zeit mit weniger Leuten in neuen Prozessen bei geringeren Kosten erbringen sollen und sich dabei die ganze Zeit fragen, wie sicher ihr Arbeitsplatz eigentlich ist.” (Diese Umfrage von www.resilienzberatung.de lief bereits 2008!)

Unsere psychische Gesundheit ruft nach Maßnahmen

Laut einer Studie der DAK in einem Bericht zur psychischen Gesundheit, ist es im Jahr 2022 wichtiger denn je, verhaltens- und verhältnisbezogene Maßnahmen zu schaffen, die ein mental gesundes Arbeiten ermöglichen. Grund dafür ist ein neuer Höchststand an Fehltagen durch psychische Erkrankungen im Jahr 2021 (ein psychischer Krankschreibungsfall dauerte im vergangenen Jahr durchschnittlich 39,2 Tage, so lange wie noch nie, bei steigenden Fehlzeiten wegen Anpassungsstörungen und Ängsten.)

Meine These: Auf dem Weg der Ökonomisierung verlieren wir unsere Menschlichkeit. Die Maximierung der Ziele führt zu einer Entmenschlichung, Leere, Sinnverlust und Verlust der Gesundheit.

Doch handelt es sich hier vielleicht um ein persönliches Problem von Menschen, die dem Druck nicht mehr standhalten können? Und lösen wir das Problem durch personenbezogene psychologische und/ oder physische Gesundheitsangebote? Das wurde oft und lange versucht. Dieser Versuch blieb jedoch häufig nicht nur erfolglos, sondern er ist zudem geradezu verwerflich. Erfolglos blieb er, da er nicht das Ganze, die Systeme sieht. Verwerflich ist er oft, da er die Verantwortung und die Last an die Mitarbeiter delegiert.

Wir haben es hier also nicht mit einer persönlichen Thematik oder gar Defizit zu tun, sondern mit einer Herausforderung, die die Unternehmen als Systeme zu bewältigen haben. Auch die Unternehmen sind als Teil der Gesellschaft ein Teil eines gesellschaftlichen und globalen Systems. Ja, ein Unternehmen selbst ist ein System mit vielen Ebenen, die ineinandergreifen. Die Ebene der Mitarbeiter ist nur eine von vielen Ebenen. Dazu später mehr, zurück zur Erschütterung unserer Ordnung in unseren Systemen.

Schon 2013 stellte C. O. Scharmer fest: “Wir leben auf einer dünnen Kruste aus Ordnung und Stabilität, die jederzeit auseinanderbrechen kann. Wir haben einen Augenblick erreicht, wo es gilt, innezuhalten und hinzuschauen, was da eigentlich beginnt, sich aus den Trümmern zu erheben.”

Nichts ist so sicher wie die Unsicherheit

Seit geraumer Zeit versuchen wir, die sicher vorhandene Unsicherheit bzw. Unbestimmtheit mit dem Akronym “VUCA” zu umschreiben (Volatiliät, Uncertainty, Complexity, Ambiguity). Hochdynamische Märkte und ein rasant anwachsendes Tempo machen schnelle Veränderungen erforderlich und zeigen uns, dass wir neue Antworten benötigen. Mit agilen Management- und Projekt-Methoden (Scrum, DevOps etc.) versuchen wir, schneller Bewertungen vorzunehmen und Entscheidungen treffen zu können und insgesamt agiler zu werden. Nachvollziehbar und gut und doch bleiben die Erfolge begrenzt, wenn die Einbettung in das “große Ganze” fehlt. Die Unsicherheit wird zu unserer sicheren Begleiterin, immer mehr.

Wie können wir also Veränderungen schnell umsetzen und gleichzeitig konstruktiv mit der steigenden Verunsicherung umgehen? Wie können Unternehmen den Wettlauf mit der Zeit bewältigen?

Zur Verdeutlichung einige Praxisbeispiele für Herausforderungen:

  • Ein durch Corona krisengeschütteltes Unternehmen muss sukzessive Stellen abbauen, eine Angstkultur gewinnt die Oberhand.
  • Führungskräfte schaffen den Switch von Kontrolle zu Vertrauen nicht und sind mit virtueller Führung überfordert.
  • Mitarbeiter können aufgrund der Verlagerung ihrer Arbeit in das Mobile Arbeiten (Homeoffice) nicht mehr abschalten und bekommen Schlafstörungen.
  • Ein Handwerksbetrieb – seine Auftragsliste ist übervoll (!) – kann keine Preise mehr kalkulieren, da die Einkaufspreise der Materialien unberechenbar werden. Der Krieg mitten in Europa führt zu etlichen Problemen in der Produktions-und Lieferkette (Stichwort: Nicht resiliente Lieferketten).
  • Einem Wohlfahrtsverband brechen die Mittel weg (Mitgliederaustritte).
  • Aufgrund politischer Vorgaben, die CO2-Emissionen zu senken, verbauen Automotive-Unternehmen nicht mehr ausschließlich Verbrennermotoren. Folge: Eine Schockstarre in der Unternehmenskultur!
  • Ein Textil-Unternehmen in der Provinz hat Schwierigkeiten, im Wettbewerb mit dem Online-Handel zu bestehen.

Wie können Organisationen den Anpassungs- und Entwicklungsprozess, ausgelöst durch Krisen und Herausforderungen, gesund bewältigen?

Welche Kompetenzen müssen entwickelt werden, um innere Sicherheit, Stabilität und insgesamt Erfolg herzustellen?

C. O. Scharmer beschreibt, dass sich etwas aus den Trümmern erhebt. Sehen wir es? Sehen Sie, was sich aus den Trümmern erhebt? Scharmer bezieht sich dabei auf unsere Denkmuster, mit denen wir nicht mehr weiter kommen. Unser globales Wirtschaftssystem bricht ein, der Wettlauf mit der Zeit ist zum gefährlichen und unerträglichen Geschäftsmodell geworden. Unsere bekannten kollektiven Denkmuster sind gescheitert und rufen nach einer Transformation. “Denkmuster reformieren” – bin ich jetzt völlig von der Spur abgekommen? Nein. Wir sehen es aktuell an vielen politischen Entscheidungen, beispielsweise bezogen auf die Energiepolitik Europas (Unabhängigkeit und Frieden versus Wirtschaftlichkeit).

Wir befinden uns mitten im Aufbruch, schon lange. Wir haben aktuell viele Krisen. Die letzte “Krise” wurde ausgelöst durch einen enormen Angriff auf unser System (und das ukrainische Volk und sein Land). Wir brauchen eine adäquate Antwort, eine resiliente Antwort, die sich aus dem Schutt erhebt, neue Denkformen, Resilienz! Wirtschaftlichkeit um den Preis des Friedens, nein! Resilienz, um weiterzuleben, ja!

Was ist Resilienz?

Ich persönlich kann am besten mit dem Begriff der Resilienz im Kontext der Kindheitsforschung arbeiten. Hier liegen meines Wissens die meisten evidenzbasierten Forschungsergebnisse vor (Kanuai-Studie, Mannheimer Risikokinderstudie etc.). Viele Beispiele lassen sich im Umgang mit Kindern sehr gut nachvollziehen. Auch das Bild der Familie ist einleuchtend. Daher habe ich mich ausgehend von diesen Ergebnissen mit Resilienz beschäftigt und in meiner Forschungsarbeit die Ergebnisse in den Unternehmenskontext übertragen. Hier lassen sich u. a. zu Resilienz die Ihnen bekannten Definitionen wie “Widerstandsfähigkeit” oder “Zurückspringen” finden. Doch trifft es das Phänomen genau? Warum schafft der eine Jugendliche es aus einer Abhängigkeits-Familie heraus sich gut zu entwickeln und der andere wird zu einem Straßenkind? Diese Frage hat mich schon immer beschäftigt! Es geht also bei Resilienz nicht nur darum, wie wir ein Hinfallen vermeiden können, sondern viel wesentlicher ist die Frage, warum der eine wieder aufsteht und der andere nicht.

Es scheint nicht ganz so einfach zu sein, wie es aussieht. Was sind die entscheidenden Faktoren, ins Leben zurück zu finden bzw. im Spiel zu bleiben?

So ist es laut aktueller Forschung besonders wichtig, die Mechanismen und Prozesse zu erkennen und zu definieren, um positive Resilienzverläufe zu ermitteln.
Aus der Resilienz-Forschung wissen wir insbesondere, dass sich das Phänomen der Resilienz erst erschließt, wenn wir uns das komplexe und höchst dynamische Zusammenspiel der “biopsychosozialen Einfluss-und Wirkfaktoren auf den verschiedenen beteiligten systemischen Ebenen” näher ansehen (nach Insa Fooken, Sozialwissenschaftlerin und Entwicklungspsychologin).

Resilienz ist ein höchst dynamisches Zusammenspiel vieler Faktoren auf verschiedenen Ebenen.

Wenn wir die Physiologie des Menschen betrachten, so brauchen wir alle unsere 79 Organe, um lebensnotwendige Prozesse aufrechtzuerhalten. Krankt oder versagt nur ein Organ, kommt es zu Erkrankungen anderer Organe oder Bereiche des Körpers oder sogar zum Tod. Kurz gesagt: Erkrankt ein Teil des Körpers, wird der ganze Mensch krank. Unser Körper ist ein systemisches Wunderwerk, das gesund ist, wenn alles reibungslos funktioniert. Wenn alles gut läuft und alle Organe und Einheiten gut zusammenarbeiten, verfügen wir auch über ein gutes Immunsystem und können “Angreifer” (Viren, Bakterien, Stress, Alkohol, zu wenig Bewegung, schlechte Ernährung) besser abwehren. Dabei ist das gesamte System gefragt (Wechselspiel).

Resilienz ist ein Phänomen mit einem zutiefst systemischen Charakter.

Zurück zum Menschen als biopsychosoziales Wesen. Um es einfach zu formulieren: Personale Resilienz geht ganz klar über Persönlichkeitseigenschaften hinaus! Es ist kein Schicksal, dem sich eine Person hingeben müsste, vielmehr gibt es viele Ebenen um eine Person herum, deren Einfluss die Resilienz fördern können.

Resilienz entsteht nicht auf Knopfdruck, nicht linear-kausal als Wenn-Dann-Abfolge. Sie entwickelt sich vielmehr nach dem Wahrscheinlichkeitsprinzip und ist abhängig von Umgebungsfaktoren, ausgelöst durch ein Risiko, eine Herausforderung, einen Angriff, ein Problem, ein Trauma o. ä. Im System findet die Person Antworten und Lösungen auf die Herausforderungen und erhält die Möglichkeit, Resilienz aufzubauen. Das Angebot zu Entwicklung und Lernen ist gegeben.

Und genauso verhält es sich auch mit Unternehmen.

Resilienzentwicklung in Unternehmen

© Ursula Niehaus

Resilienz in Unternehmen lässt sich nach der oben genannten Ausführung zu Resilienz demnach nur systemisch, also unter Einbezug aller Ebenen entwickeln. Ein Unternehmen erhält mittels Auslöser (Risikofaktoren) die Aufgabe, eine Resilienz-Antwort zu geben. Die Antwort ist eine Einladung zum Lernen, jeder an seinem Platz und für einen evolutionären Change eines Unternehmens.

Die Übertragung in die Unternehmen bedeutet, dass die Last der Herausforderung in den Unternehmen nicht alleine auf den Schultern der Mitarbeiter liegen darf. Ein Unternehmen ist ein System, in dem die Prozesse zusammenlaufen müssen. Es braucht gesunde Mechanismen, die die Kompetenzen und Informationen fließen lassen.

Folgendes Modell soll die Ebenen und die Beziehungen untereinander verdeutlichen:

Resilienzmodell Ursula Niehaus

© Ursula Niehaus

Resilienz ist im Bewusstsein eines Menschen und auch im kollektiven Bewusstsein eines Unternehmens (Werte, Kultur) verankert. Resilienz-Prozesse beginnen im Mindset. Hat eine Person keinen Glauben, kein Vertrauen in sich selbst und in das Gute (vielleicht sogar Gottvertrauen?), so wird es schwer, sich zu verändern.

Gleiches gilt für eine Organisation und deren Mindset: Herrschen Misstrauen und Kontrolle vor, wird Veränderung schwer, Kreativität unmöglich, Innovation zu einem Stress-Ereignis. Vertrauen aufzubauen allein im Mindset der Mitarbeiter, wäre laut Forschung aber auch kein geeigneter Hebel zur Veränderung. Der Weg lässt sich nur über Ansätze im System ebnen. In unserem Beispiel “Aufbau von Vertrauen” bieten die Ebenen “Führungskräfte” und “Zusammenarbeit” Ansätze zur Veränderung. Je nach Organisation befinden sich die Hebel zum Aufbau dieses Resilienzfaktors aber auch an anderer Stelle.

Noch eine gute Nachricht: Resilienz ist Kompetenz.

Die gute Nachricht: Die Hebel zur Veränderung in Ihrem Unternehmen können Sie ausbilden. Kompetenz ist dabei mehr als die Summe von Handlungsfähigkeiten. Kompetenzen verstehe ich wie Erpenbeck und Rosenstiel als “(…) Fähigkeiten oder Dispositionen, die ein sinnvolles und fruchtbares Handeln in offenen, komplexen, manchmal chaotischen Situationen erlauben, die also ein selbstorganisiertes Handeln unter gedanklicher und gegenständlicher Unsicherheit ermöglichen”.

Wir befinden uns aktuell als Unternehmen in sehr komplexen Situationen mit einem Höchstmaß an Unsicherheit und wünschen uns, dass die Mitarbeiter und Führungskräfte genau so handeln wie oben beschrieben, richtig? Wir wünschen uns, dass die Mitarbeiter mitdenken, selbständig denken, Lösungen finden, Entscheidungen treffen und quasi “von alleine laufen”. Kompetenzen zu entwickeln nach der oben genannten Definition ist daher Resilienzentwicklung pur. Für diesen Weg gibt es systemische Ansätze, die alle Ebenen mit einbeziehen.

Am einfachsten wird dieser Prozess an einem Beispiel deutlich:

Ein Mitarbeiter hat aufgrund von Gerüchten Angst um seinen Arbeitsplatz. Die reine Botschaft, er solle keine Angst haben, wird nicht viel zur Lösung beitragen. Es braucht eine transparente Kommunikation (Ebene Zusammenarbeit), eine Fehlerkultur (Ebene Bewusstsein), Zusammenhalt (Ebene Bewusstsein), die Möglichkeit der Mitgestaltung (Ebene Zusammenarbeit), eine positive Führung (Ebene Führungskräfte) und auch Selbstfürsorge des Mitarbeitenden (Ebene Mitarbeiter) selbst. Doch letzteres alleine wird eine Überforderung darstellen und zu Misserfolg führen und wäre auch eine unverantwortliche einseitige Verlagerung des organisationalen Problems auf den Mitarbeiter (siehe oben). Das bedeutet vereinfacht formuliert, den Mitarbeiter einzig und allein auf ein Training “Umgang mit angstauslösenden Themen” zu schicken oder ihm ein Personal-Coaching anzubieten mit dem Auftrag “gesunder Umgang mit Ängsten und VUCA” wäre nicht nur erfolglos, sondern auch unverantwortlich.

Auf allen diesen Ebenen können Sie die entsprechenden Kompetenzen fördern!

Wir brauchen Raum für Resilienz: Resilienz-Räume

Resilienz entwickelt sich ganz besonders in den Zwischenräumen durch Interaktionen. Dort, wo Menschen sich begegnen, sich zuhören, zusammenarbeiten, sich inspirieren, sich wertschätzen, Luft zum Atmen bekommen, kann Vertrauen entstehen und Unterstützung gelebt werden. Dort, wo Vertrauen ist und Menschen Zeit haben, sich auszuprobieren, kann Kreativität entstehen.

Resilienz ist somit auch eine ganz besondere Sozialkompetenz in Form von Solidarität und gegenseitiger konkreter Unterstützung. “Gemeinsam sind wir stark” ist besonders in Krisenzeiten ein Überlebensslogan mit enormer Kraft.

Jedes Mal kann es nun einen anderen Auslöser geben und damit auch einen anderen geeigneten Ansatz für Resilienz, sich an die Herausforderungen anzupassen. Immer gibt es dazu Möglichkeiten, sich als Unternehmen zu verteidigen und zu stabilisieren, um mögliche Krisen gut zu überstehen und im Spiel zu bleiben bzw. wenn die Krise da ist, einen Hebel für einen geeigneten Ansatz zu finden.

42 Resilienzfaktoren

Eine allgemeingültige Antwort auf alle Fragen zu Resilienz kann ich nicht anbieten – aber in meiner Forschungsarbeit zu Organisationaler Resilienz habe ich 42 mögliche Antworten auf mögliche Fragen gefunden, wie Unternehmen resilient mit Herausforderungen umgehen können.

Es handelt sich dabei um 42 Resilienz-Faktoren (Kompetenzen), die miteinander korrelieren. Jede Resilienz-Kompetenz, die Sie in Ihrem Unternehmen einsetzen bzw. zu der sie befähigen, führt zu einer Verbesserung der Anpassungsfähigkeit und Lösungsfindung Ihres Unternehmens und fördert Resilienz auf anderen Ebenen. Es gibt keine Wenn-Dann-Abfolge, aber eine Entwicklung von Erfolg nach dem Wahrscheinlichkeitsprinzip. Je mehr Ebenen in Ihrem Unternehmen Resilienz aufbauen bzw. erhöhen, umso mehr Erfolg werden Sie haben. Die resiliente Organisation ist nach innen sicher, nach außen anpassungsfähig, die Energie fließt. 

Gibt es „Kennzahlen“ für resiliente Unternehmen?

Resiliente Organisationen zeigen häufig folgende Merkmale: Das Unternehmen hat eine hohe Mitarbeiterbindung, die Mitarbeiter haben große Freude an der Arbeit und pflegen einen starken Zusammenhalt. Eine hohe Diversität unterstützt gegenseitige Toleranz und Wertschätzung. Die Energie fließt. Visionäres Arbeiten findet immer mit Blick auf den Kunden statt, Offenheit für die Umwelt und Netzwerkorientierung sind selbstverständlich. Gegenseitiges Vertrauen schafft (psychologische) Sicherheit und Gesundheit und ebnet den Weg für Kreativität und Innovation. Eine hohe Identifikation mit den Unternehmenszielen und eine offene transparente Kommunikation auf Augenhöhe mit allen Ebenen, verbunden mit einer ausgeprägten Lernkultur, richten den Blick auf das Wesentliche. Das große “Why” ist klar, jeder erkennt seinen Platz und Sinn in dieser Gesellschaft als Teil seines Unternehmens. Jeder bringt herzlich gerne seinen Teil ein, jeder Tag ist wertvoll.

Das Unternehmen ist anpassungsfähig, nach innen stabil, schreibt gesunde Zahlen.

Wir werden resilient, gesund, nachhaltig. Wir werden wieder Mensch. Das ist für mich Organisationale Resilienz, das ist für mich Erfolg.

Fazit: Organisationale Resilienz ist die Kompetenz der Zukunft. Sie verbessert unsere Anpassungsfähigkeit in Bezug auf Krisen und Herausforderungen.

Auch als Beratungsunternehmen ist es unser Anliegen, Erfolg zu ermöglichen und Wandel gemeinsam zu gestalten, indem wir die Organisationale Resilienz unserer Kunden stärken.

Wie könnten die ersten Schritte aussehen?

Kontakt

Bei Fragen

Wenn Sie verstehen möchten, warum Resilienz für Ihr Unternehmen wichtig ist, oder wenn Sie noch mehr darüber erfahren möchten, welche Faktoren auf welchen Ebenen des Resilienzmodells sich gegenseitig positiv beeinflussen, schreiben Sie mir gerne oder rufen Sie mich an! Ich freue mich immer über einen Austausch zum Thema Organisationale Resilienz.
Kontakt

Beginnen Sie bei Ihrem größten Wunsch (oder Ihrem größten Schmerz). Beispiel: Sind Ihre Werte unklar, arbeiten Sie an Ihren Werten bzw. lernen Sie, wie Sie diese besser kommunizieren und leben.

Mit folgenden Ansätzen machen Sie konkrete Schritte in die richtige Richtung:

Förderung konstruktiver Kommunikation

  • mittels konstruktiver Kommunikation durch die Führungskräfte (Workshops/ Trainings/ Coaching)
  • mittels klarer Kommunikationsstruktur im Unternehmen (Beratung Managementebene)
  • mittels Vermittlung klarer Visionen (oder Anliegen), Zielen durch die Führungskräfte (Workshops/ Trainings/ Coaching)
  • mittels wertschätzender Kommunikation aller Mitarbeiter (Workshops/ Trainings/ Coaching)
  • mittels Ermöglichung von Resilienz-Räumen z. B. in Form von abteilungsübergreifenden Meetings (Communities of Practice, Peergroups, Kollegiale Fallberatung etc.)

Förderung von Selbstwirksamkeitsüberzeugung

  • mittels Problemlösekompetenz (z. B. Communities of Practice, Kollegiale Fallberatung, Coaching, Supervision)
  • mittels hoher Sozialkompetenz (Teamentwicklung, Networking, Trainings)

Förderung von Normen und Werten (Kultur)

  • Entwicklung einer Resilienz fördernden Kultur durch Feedbackkultur, Lernkultur, Fehlerkultur, Vertrauen, Selbststeuerung etc.
  • Definition der spezifischen Unternehmenswerte mit klaren Visionen (Entwicklung Leitbild, Kommunizieren und Leben des Leitbilds)
  • Mehr personale Achtsamkeit (Training, Coaching)

Förderung von hoher Führungskompetenz
z. B. in Form eines Transformationalen Führungsstils, Rollenfindung, Konstruktiver Kommunikation etc. (Führungskräfteentwicklung/ Coaching)

Förderung von hoher Sozialkompetenz (Teamentwicklung, Networking, Trainings)

Sensibilisierung für das Thema Resilienz im Unternehmen

  • Wissensaufbau zu Resilienz auf personaler und organisationaler Ebene (Impuls-Workshop, Fachliteratur, Netzwerk)
  • Handlungsempfehlungen z. B. für HR-Verantwortliche, Management und Interessierte (Managementberatung, Grundlagen-Workshop)

In meinem nächsten Blogartikel zu Organisationaler Resilienz stelle ich Ihnen meine Handlungsempfehlungen aufgrund meiner Forschungsergebnisse vor schauen Sie doch mal wieder vorbei oder abonnieren Sie unseren Newsletter, dann halten wir Sie auf dem Laufenden!

Literaturempfehlungen und Quellenangaben: 

ISO Norm Organisationale Resilienz ISO 22316:2017 – Organizational resilience

https://www.iso.org › standard

https://www.carl-auer.de/organisationale-resilienz-in-volatilen-strukturen

Erpenbeck, J./Rosenstiel, L. v., (Hrsgb.) 2007: Handbuch Kompetenzmessung. erkennen, verstehen und bewerten von kompetenzen in der betrieblichen, pädagogischen und psychologischen Praxis. 2. überarb. und erw. Auflage. Stuttgart.

Fooken, I. in Wink, R. (Hrsg.) 2016: Psychologische Perspektiven der Resilienzforschung. In: Wink, R.. (Hrsg.): Multidisziplinäre Perspektiven der resilienzforschung. Wiesbaden. S. 13-45

Niehaus, U. 2019: Organisationale resilienz in volatilen Strukturen, Ein ganzheitliches Modell. Carl -Auer Verlag für systemische Forschung, Heidelberg.

Scharmer, C. O. 2013: Theorie U – Von der zukunft her führen. Presencing als soziale Technik. 3., unveränderte Auflage. Heidelberg.

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Ursula Niehaus war als Organisationsentwicklerin bei Teamprove tätig.

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