Missverständnisse, fehlende Kommunikation oder Konflikte belasten nicht nur die Kollaboration innerhalb eines Teams, sondern in größeren agilen Projekten auch die Abläufe zwischen den Teams. Wenn Scrum skaliert, braucht es deshalb eine Möglichkeit, neben den teaminternen Prozessen auch die Zusammenarbeit zwischen den Teams zu analysieren und kontinuierlich zu verbessern. Die einfachste Lösung ist es, regelmäßig zu teamübergreifenden Retrospektiven einzuladen.

Vergleichbar mit der klassischen Teamretrospektive tauschen sich die Mitarbeiter untereinander aus, reflektieren und diskutieren positive und negative Aspekte ihrer Zusammenarbeit und leiten konkrete Verbesserungsmaßnahmen ab.

Das Universal Tool

In einem meiner letzten Projekte sollten eingefahrene Konflikte zwischen zwei Teams gelöst werden. Für den Ablauf teamübergreifender Retrospektiven gibt es unterschiedliche Ansätze – ich habe gute Erfahrungen mit dem „Universal Tool“ nach De Shazer gemacht: Die lösungsorientierte Kurzzeittherapie eignet sich hervorragend für Coachingsituationen, in denen es darum geht, „positive Unterschiede“ zu erkennen und zu verstärken.

Die drei Grundprinzipien

  • „Repariere nicht, was nicht kaputt ist!“
  • „Finde heraus, was gut funktioniert und passt – und tu mehr davon!“
  • „Wenn etwas trotz vieler Anstrengungen nicht gut genug funktioniert und passt – dann höre damit auf und versuche etwas anderes!“

Im Zentrum des Universal-Tools steht nach einer Selbstreflektion die gemeinsame Erarbeitung eines Worst-Case-Szenarios sowie eines Best-Case-Szenarios, die Ansätze für den Maßnahmenplan liefern.

Unser Ablaufplan

Für unsere Zwecke hatte ich den Ablauf leicht adaptiert und erweitert:

Einleitung (10 Minuten)

Anlass der Retrospektive erläutern und zwei wichtige Prinzipien vorgeben:

  • Prime Directive: „Jedes Team-Mitglied hat nach seinem besten Wissen und Gewissen gehandelt.“
  • Vegas Prinzip: „What happens in Vegas, stays in Vegas.“

Daten sammeln (insgesamt ca. 45 Minuten)

  • Wissensmarkt (10 Minuten): Ziele der beiden Teams und ihre Erwartungen aneinander

  • Selbstreflektion (10 Minuten):  Skalenfrage „Wo stehen wir heute in Bezug auf unsere Ziele / unsere Zusammenarbeit?“ Bewertung von 0 bis 10 (blau zum Zeitpunkt der 1. Retrospektive, gelb 6 Wochen später). Möglich wäre auch eine getrennte Bewertung aus emotionaler und sachlicher Sicht.

  • Worst-Case-Frage (20 Minuten): „Was müssten wir tun, um in der Skala so richtig nach unten zu rutschen?“ (gelbe Zettel)

  • Best-Case-Frage (10 Minuten): „Was wäre anders, wenn wir auf der Skale bei 10 wären?“ (grüne Zettel)

Einsichten gewinnen (15 Minuten)

  • Fragemöglichkeit zu den Zetteln „Worst-Case“ und „Best-Case“
  • Clusterung  ähnlicher Themen
  • ggf. Priorisierung der Top 3 Themen, um nicht zu viele Herausforderungen auf einmal anzugehen

Maßnahmen / Ziele (10 Minuten)

  • Gemeinsame Ableitung von „Ab sofort“-Themen
  • SMARTE Ziele und Maßnahmen formulieren mit Verantwortlichkeiten und Terminen (was-wer-wann)

Abschluss (max. 10 Minuten) 

  • Überblick über die vereinbarten Ziele und Maßnahmen
  • Folgetermin vereinbaren (spätestens 4 Wochen)

Der Erfolg

Durch unsere teamübergreifende Retrospektive konnte die Zusammenarbeit innerhalb von 6 Wochen deutlich verbessert werden (vgl. Foto Flipchart „Selbstreflektion“: blaue Zettel vor der Retrospektive / gelbe Zettel sechs Wochen später).

Bei der Kollaboration zwischen Ihren Teams besteht auch noch „Luft nach oben“? Fragen Sie uns, wir moderieren gerne eine teamübergreifende Retrospektive oder trainieren Ihr Team bei der Vorbereitung und Durchführung von Retrospektiven.

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Christoph Dibbern war als Scrum Master und Agile Coach bei Teamprove tätig.

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