Am 25.08.23 fand unser zehntes teamprove.live zum Thema “Anderssein als Team-Stärke” statt. Unser Ziel war ein inspirierender Austausch zum Umgang mit Begabungen, Stärken und Schwächen in Teams – und den Herausforderungen, denen man damit automatisch begegnet. 

Wir haben uns wieder sehr über die angeregte Diskussion und Beiträge aus unterschiedlichsten Perspektiven gefreut – ein großes Dankeschön an alle Anwesenden! 

Anderssein – was ist das überhaupt? Wir haben definiert: Anderssein bedeutet zu wissen, dass man (in mancher Hinsicht) anders ist. Nicht mehr und nicht weniger. Dafür bedarf es keiner Diagnose wie ADHS oder Legasthenie, sondern einfach einer Person mit individuellen Schwächen und Grenzen. Einer der Teilnehmer hat die Grundlage weiterer Lösungsansätze direkt zu Beginn vorweggegriffen: “Zuhören, Denken, Verstehen”. Damit dies gelingen kann, bedarf es einer vertrauensvollen und toleranten Arbeitsumgebung.  

Nach einer kurzen Vorstellungsrunde sind wir also direkt dazu übergegangen, Lösungsansätze für einen Safe Space zu finden. 

Folgende Punkte haben wir auf unserem Jamboard zusammengetragen: 

Ein Safe Space steht und fällt mit der Unternehmenskultur. Aus den Erfahrungen der Teilnehmenden wurde häufig klar, dass in vielen Unternehmen gar kein Safe Space geschaffen wird. Ganz im Gegenteil: Wir haben festgestellt, dass die Arbeitswelt in vielen Fällen wenig bis gar keine Individualität verträgt… Werte wie Offenheit, Vertrauen und Toleranz stehen vielleicht im Leitbild der Unternehmen, werden jedoch nicht gelebt: Leute, die anders denken, werden als Querulant dargestellt oder passen wie ein “falsches Puzzlestück” nicht ins Gesamtgefüge. Ganz nach dem Motto “Wenn du nicht funktionierst, bist du raus.” Für uns steht jedoch fest: Anderssein sollte weniger als Mangel und eher als Gewinn angesehen werden. 

Unternehmen können von individuellen, heterogenen Teams stark profitieren. Leute, die anders denken und sich für Innovation und einen Perspektivwechsel einsetzen, sollten nicht von Grund auf ausgeschlossen werden. Sollte eine Zusammenarbeit jedoch trotz der Bemühungen beider Seiten nicht möglich sein, ist es unserer Meinung nach vollkommen vertretbar, wenn sich Wege trennen.

Essentiell ist hier also auch Transparenz und eine ehrliche Kommunikation: In einem Safe Space müssen alle Personen ihre persönlichen Themen auf den Tisch bringen können – seien es Ängste, Grenzen oder Überforderung. Wir sind überzeugt: Wenn derartige Themen offen ausgesprochen werden können, kann auch wieder produktiv gearbeitet werden. Aus Unternehmenssicht befindet man sich auf einem schmalen Grat zwischen Kultur und Konfliktmanagement auf der einen und Produktivität auf der anderen Seite. Hier braucht es Balance, um Raum für beides zu finden. Schließlich bedingen sich Unternehmenskultur und Produktivität gegenseitig. 

Das Problem: Offenheit, Verständnis und Toleranz können nicht erzwungen werden. Veränderung wollen und verstehen ist nämlich nicht das Gleiche wie die Veränderung zu leben und sich tatsächlich darauf einzulassen. An dieser Stelle muss das Team oder das Unternehmen akzeptieren, dass Veränderung schwer fallen darf! Ein Safe Space oder eine grundlegende Änderung der Unternehmenskultur kann nicht von heute auf morgen vonstattengehen! 

Wer ist am Zug: Sollten Mitarbeitende ihr “Anderssein” offen ansprechen? Oder sollte das Team oder die Führungskraft nachhaken?

Auch über diese Frage wurde viel diskutiert. Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass ein Teil bei beiden Seiten liegt: Der/die Mitarbeitende muss sich zunächst selbst Gedanken darüber machen, was er oder sie teilen möchte. Was gehört in den Unternehmenskontext und was nicht? Diese Entscheidung fällt nicht leicht, und auch ein Schweigen aus Angst vor Verurteilung ist aus unserer Sicht vollkommen nachvollziehbar! Dennoch ist es auch hier wichtig, ehrlich mit sich selbst und dem Team zu sein und klar zu kommunizieren, was man für eine produktive Arbeit benötigt. 

Seitens der Führungsebene bedarf es daher Toleranz und der Kunst des Zuhörens. An ihr liegt es, eine Umgebung zu schaffen, in der sich jeder und jede Mitarbeitende:r sicher fühlen und Probleme offen ansprechen kann. Das Team wiederum sollte wertschätzend und verständnisvoll auf die Ehrlichkeit der Teamkolleg:innen reagieren können: Jeder und jede ist individuell und hat sein oder ihr Päckchen zu tragen. 

Was können verschiedene Ebenen im Unternehmen dazu beitragen – zum Beispiel HR?

Bei diesem Punkt war uns schnell klar: Es gibt nicht nur eine richtige Antwort. Wie wir zu Beginn unserer Diskussion bereits festgestellt haben, benötigen wir im Team einen Safe Space. Die Mitarbeitenden müssen sich wohlfühlen, um “psychological safety”* zu nutzen. Das Stichwort lautet also erneut “Unternehmenskultur”. Bedeutet: Alle Unternehmensebenen müssen zusammenarbeiten. Es bedarf gemeinsamer Veränderungsbereitschaft und Commitment. Mit dem Finger auf HR zu deuten ist vermutlich der erste Impuls – Einzelkämpfer gibt  es in diesem Kontext jedoch nicht. 

*Unter “psychological safety” versteht man eine vertrauensvolle Atmosphäre, in der Fragen gestellt, Informationen geteilt, Meinungen ausgetauscht und Fehler zugegeben werden können. 

Dennoch: Eine neutrale Instanz wie HR oder externe Berater:innen sind in solch persönlichen und individuellen Team-Angelegenheiten sicher nützlich. Es gilt, die einzelnen Teams zu analysieren und festzustellen, an welcher Stelle die Sicherheit für einen Safe Space fehlt. Hier können anonyme Fragebögen oder ein 360°-Feedback als Tools von Hilfe sein. So können im ersten Schritt die Bedürfnisse der Mitarbeitenden aufgenommen und analysiert und im zweiten Schritt als Handlungsempfehlung an die Führung weitergegeben werden: Was muss auf der Führungsebene geschehen, um (in den Teams) die Kultur zu schaffen, die gewünscht ist? 

Anderssein betrifft das Unternehmen und seine Teams in seiner Gesamtheit: Abgesehen von  HR tragen auch die Führungsebene und die einzelnen Teams die Verantwortung für die angestrebte Veränderung. Und selbst wenn das Ziel erreicht und ein Safe Space geschaffen wurde, obliegt es jedem und jeder einzelnen Mitarbeitenden, ehrlich zu kommunizieren und eine offene und sichere Unternehmenskultur zu stärken. 

Unser Fazit:  

  • Es braucht Mut! Seitens der Unternehmen, aber auch seitens der Mitarbeitenden! 

  • Anderssein ist eine Stärke! 

  • Veränderung darf schwer fallen.

  • Zuhören, Denken, Verstehen.

  • Es gibt nicht die EINE zuständige Ebene, sondern nur ein Miteinander: Wandel. Gemeinsam. Gestalten. 

Man könnte vermutlich ewig über Anderssein, seine Definition und Lösungsansätze diskutieren – so viele Ideen und Erfahrungen gibt es zu diesem Thema. 

Wir sind mit den gesammelten Ergebnissen sehr zufrieden: Es entspricht unserer Teamprove-Denkweise, dass wir auch Lösungsansätze als Erfolg sehen, es müssen nicht immer voll ausformulierte Konzepte sein. Die gefundenen Ansätze sind ein Anfang: Lassen Sie uns hier weiterdenken! Welche Ideen und Anmerkungen haben Sie zum Thema “Anderssein”? 

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Sophie Wittmann studiert Gesundheitswissenschaft an der TU München und vertieft als Teamprove-Werkstudentin das Zusammenspiel zwischen Wirtschaft & Health. Sie unterstützt uns bei der Contentproduktion und gestaltet unseren Social-Media-Auftritt aus der Perspektive der Generation Z mit.

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